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Welche Rolle spielt die Genetik beim Abnehmen?

Zwei Personen mit demselben Alter, gleicher Körpergröße und ähnlichem Lebensstil – Und doch scheint der Eine essen zu können, was er will (ohne zuzunehmen), während der Andere schon beim Gedanken daran zunimmt.

Wie fälschlicherweise oft gedacht wird, liegt dies nicht an einem angeborenen „schnellen“ oder „langsamen“ Stoffwechsel.

Auch wenn Ernährung, sportliche Aktivität und Lebensstil natürlich eine wichtige Rolle spielen, sind dies jedoch nicht die einzigen Faktoren, welche unsere Körperzusammensetzung ausmachen. Das eigene Körpergewicht wird stark von der Genetik, einer Art „metabolischer Vergangenheit“ des Individuums beeinflusst. Das heißt, wie sich das Körpergewicht und die Essgewohnheiten einer Person im Laufe der Jahre (bis zur Pubertät), mit Beginn noch vor der Geburt, also seit der Schwangerschaft der Mutter, verändert haben.

Die Wissenschaft hat um diese Mechanismen zu erklären, mehrere Modelle vorgeschlagen. Die zwei Hauptmodelle sind jene des Set Point und des Settling Point.

Zwei gute wissenschaftliche Publikationen, welche diese beiden Modelle ausführlich beschreiben und unterstützen, sind diese und diese.

Set Point

Der Set Point ist ein Körperfett-Bereich, den der Körper als „richtig“ empfindet und in dem alle physiologischen Prozesse im Körper perfekt funktionieren.

Dieser Wert ist in einem Bereich unseres Gehirns, dem Hypothalamus, fixiert und genetisch festgelegt, aber beeinflusst durch die metabolische Geschichte/Vergangenheit einer Person.

Als kleines Kind und in der Pubertät übermäßig zuzunehmen führt (meistens) zu einer Erhöhung der Anzahl an Fettzellen, welche eine wichtige Rolle beim Festlegen des Set Points spielt. Als Erwachsener hingegen verändern sich bei Gewichtszunahme die bereits vorhandenen Fettzellen vorwiegend in ihrer Größe, anstatt in ihrer Anzahl. Wenn sich eine Fettzelle füllt, also an Größe zunimmt, kann sie sich bei richtiger Ernährung/Sport auch wieder leeren (Fettabbau).

Hat sich hingegen eine neue Fettzelle gebildet, kann dieser Vorgang nicht mehr rückgängig gemacht werden. Eine höhere Anzahl an Fettzellen führt deshalb zu einem höheren Set Point, welcher während der gesamten Lebensdauer einer erwachsenen Person nicht mehr (nach unten) verändert werden kann. Gleichzeitig bedeutet eine höhere Anzahl an Fettzellen auch, dass ich mehr potenzielle Speicher für Körperfett besitze, welche nur darauf warten, gefüllt zu werden und somit das Abnehmen erschweren.

Es können sich übrigens auch im Erwachsenenalter neue Fettzellen bilden, falls es zu großer Gewichtszunahme innerhalb kurzer Zeit kommt.

Der Set Point als ein Thermostat

Man kann sich den Set Point wie die eingestellte Temperatur einer Klimaanlage vorstellen. Steigt oder sinkt die Temperatur in der Umgebung über/unter den eingestellten Wert, so wird die Klimaanlage diesen wieder herstellen.

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Verändert sich nun unser Körperfettanteil ober- bzw. unterhalb des Wertes, den unser Gehirn als richtig empfindet, also dem Set Point, wird der Körper Mechanismen zum Ausgleichen aktivieren, sodass der Körperfettanteil wieder auf den „richtigen“ Wert gelangt.

Diese Mechanismen agieren vereinfacht erklärt wie folgt:

  • wenn man sich unterhalb des Set Points befindet tendiert der Körper dazu, das Hungergefühl zu erhöhen, sich unbewusst weniger zu bewegen und zudem noch für die Bewegungen, welche man ausführt, weniger Kalorien zu verbrauchen. Der Körper versucht also mehr Kalorien aufzunehmen und gleichzeitig weniger zu verbrauchen, um Gewicht zuzunehmen.
  • wenn man sich oberhalb des Set Points befindet tendiert der Körper dazu, das Hungergefühl zu verringern, sich unbewusst mehr zu bewegen und mehr Kalorien zu verbrauchen. Der Körper versucht also die Kalorienzufuhr zu verringern und gleichzeitig mehr zu verbrennen, um Gewicht zu verlieren.

Settling Point

Der Settling Point ist ein neuer „idealer“ Körperfett-Bereich, an den sich der Körper anpasst. Alle Komponenten des eigenen Lebensstils (sportliche Aktivität, Ernährung usw.) summiert mit dem Resultat des Set Points führen dazu, dass der Körper ein neues Gleichgewicht für seine Körperzusammensetzung findet.

Das ist der Wert (im Gegensatz zum Set Point), den wir verändern können. Die wichtigsten Faktoren hierfür sind regelmäßige sportliche Aktivität und korrekte Ernährung. Bleiben diese Komponenten aus, so wird der Körper immer wieder auf seinen ursprünglichen Set Point zurückfallen.

Abschließend

Die Regulierung des Körpergewichts wird stark durch unsere metabolische Vergangenheit, dem Set Point, beeinflusst. Leider kann dieser Wert als Erwachsener nur mehr nach oben modifiziert werden, im Falle von hoher Gewichtszunahme in sehr geringer Zeit.

Die Genetik, speziell der Set Point, soll aber keine Ausrede darstellen, denn dieser ist fast nie so hoch, dass man keinen „normalen“ Körperfettanteil halten könnte. Generell haben Personen, welche als Kind eher übergewichtig waren (aber nicht extrem), einen Set Point zwischen 12–15% Körperfett (Männer) und 21–24% (Frauen). Hier kann man sich ein Bild darüber verschaffen, wie viel Körperfett diese Prozente darstellen (natürlich ist dies nur ein Richtwert, da jeder Körper das Fett verschieden ablagert, z.B. mehr am Bauch, wo es besser sichtbar ist, als am Rücken).

Jeder, der einen hohen Set Point hat, kann genauso einen sehr niedrigen Körperfettanteil und eine gute Definition erreichen, indem er durch gezieltes Krafttraining seinen Stoffwechsel (wieder) beschleunigt und ein neues Gleichgewicht im Körper definiert. Was sich anhand des Set Points aber ändert, ist die dafür benötige Zeit und Anstrengung. Ein hoher Set Point führt nämlich oft dazu, dass man langsamer abnimmt und mehr Hunger verspürt. Alles was es braucht, ist Willenskraft in Kombination mit einer angepassten Trainings- und Ernährungsform, um dem gezielt entgegenwirken zu können.


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Studien:

  1. Dynamics of fat cell turnover in humans
  2. Set points, settling points and some alternative models: theoretical options to understand how genes and environments combine to regulate body adiposity
  3. Metabolic vs. hedonic obesity: a conceptual distinction and its clinical implications
  4. Is there evidence for a set point that regulates human body weight?
  5. Reprogramming the body weight set point by a reciprocal interaction of hypothalamic leptin sensitivity and Pomc gene expression reverts extreme obesity
  6. Evidence for genetic influences on human energy intake: results from a twin study using measured observations.
  7. The genetics of obesity.
  8. Obesity–is it a genetic disorder?
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